Montag, 7. September 2009

Mantra

Sehr geehrte Innen- und AußendienstmitarbeiterInnen- und AußendienstmitarbeiterInnen- und AußendienstmitarbeiterInnen- und...

Ommmmmm....

Dienstag, 5. Mai 2009

Arbeitsplätze vernichten

Es ist geradezu pervers: Ich könnte hier, jetzt und heute, mitten in der Jahrhundert-Krise, genug Geld verdienen. Steuern bezahlen. Man lässt mich nicht. Statt dessen muss ich zwangsweise für ein Taschengeld eine Arbeit machen, mit der sonst mindestens ein freier Mitarbeiter beschäftigt wäre. Der seinerseits Geld verdienen würde. Steuern bezahlen würde.
Ich vernichte mit meiner ach so sozialen Tätigkeit als Zivildiener – nicht theoretisch, nicht rechnerisch, sondern ganz konkret – einen Arbeitsplatz.

Warum ist das eigentlich jedem wurscht?

Genderwahn

Aufregung in meiner geschützten Zivi-Werkstätte. Ein/e unachtsame/r ZeitgenossIn (wahrscheinlich aber sowieso ein Mann) hat einen Text falsch gegendert. Ich bin jetzt einen Gutteil meines Tagwerkes damit beschäftigt, Formulierungen wie ein(e) Interviewer/in in ein/e InterviewerIn zu ändern. Soviel zur Sinnfrage.

Draußen tobt die Schweinegrippe, und ich leide hier herinnen am Genderwahn.

Montag, 4. Mai 2009

Grenzen

Vielleicht sollte ich etwas klarstellen. Zuerst drei Monate lang kein Post in meinem ZivildienerInnen-Blog, und dann gleich drei an einem Tag, bei denen es mehr oder weniger nur um finanzielle Details geht. Da drängt sich eine Frage auf: Habe ich mittlerweile keine anderen Sorgen mehr? Habe ich sonst nichts zu sagen? Habe ich mich am Ende mit meiner Situation arrangiert, hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst?

Weit gefehlt. Zu sagen hätte es viel gegeben. Allerdings war daran kaum zu denken. Die letzten drei Monate haben mir massiv Grenzen aufgezeigt. Physische Grenzen. Mentale Grenzen. Zwischenmenschliche Grenzen.
Was ist passiert? Im Wesentlichen nichts Unvorhergesehenes. Die zuständige Behörde – pardon: Serviceagentur – hat meine doch recht eindringlichen Schilderungen, wie 9 Monate Zivildienst zum jetzigen Zeitpunkt meine Existenz zerstören würden, allesamt ignoriert. Das war zu befürchten, und ob dies letztlich in bösartiger Absicht geschehen ist, oder doch nur die übliche Mischung aus Ignoranz und Inkompetenz beteiligt war, ist in diesem Zusammenhang unwichtig. Ich jedenfalls habe ab dem Zeitpunkt nur noch eine halbwegs saubere Möglicheit gesehen: Ich muss mangels Alternativen versuchen, beides – Zivildienst und Selbstständigkeit – parallel zu bewältigen, und wenn es sein muss mit Gewalt.

Wie sehr aber schon drei Monate einer solchen Überbelastung Gesundheit, Beziehung, das ganze Leben an sich beeinträchtigen können, hat mich dann doch überrascht.

Ich habe also versucht, wenigstens die wichtigsten Termine einzuhalten. Die dringendsten Aufträge abzuarbeiten. Habe begonnen, neue, interessante, lukrative Aufträge abzulehnen. Allein dadurch hat der Staat (und das sind ja laut Hans Söllner wir alle) in den letzten Wochen salopp geschätzt mehr an Steuereinnahmen verloren, als ich als Zivildiener in 9 Monaten an Entschädigung bekommen werde. Soviel noch einmal zur finanziellen Seite. Was die anderen Punkte betrifft, gewinne ich gerade wieder Hoffnung, meine 9 Monate Freiheitsentzug zumindest ohne bleibende Schäden zu überstehen.

Mehr zu all dem in Kürze hier. Versprochen? Nein. Aber ich hoffe es.

Freitag, 1. Mai 2009

Frauen an den Herd?

Viele gute oder gutgemeinte Ratschläge begleiten mich durch meine Zeit als ZivildienerIn. Ein Klassiker darunter lautet in etwa: „Sei froh, dass du geheiratet hast, kriegst jetzt wenigstens mehr Beihilfe!“

In diesem Sinne habe ich begonnen, mich durch das doch eher umfangreiche Formularwerk für eine Wohnkostenbeihilfe zu arbeiten. Dabei wird – soweit durchaus noch nachvollziehbar – auch das Einkommen der Ehepartnerin berücksichtigt, vermutlich unter der berechtigten Annahme, dass Ehepartner ihre (Wohn-)kosten gemeinsam bestreiten. Interessant: Ein hohes Einkommen des Mannes erhöht die Beihilfe. Die Beihilfe soll wohl – und spätestens ab hier kann man nur noch mutmaßen – dazu dienen, einen einmal gewohnten Lebensstandard zu erhalten. Ein zu hohes Einkommen der Ehepartnerin führt jedoch wiederum zu einer Verringerung der Beihilfe.

Besonders schön finde ich dabei, dass dieses System im Versuch, möglichst gerecht zu sein und alles zu berücksichtigen, am Ende doch sehr traditionelle Rollenbilder belohnt (der Mann bringt möglichst viel Geld nach Hause, die Frau ist zu Hause und möglichst bedürftig). Dies dürfte nur aus dem Grund noch niemandem aufgefallen sein, weil sich einerseits das allgemeine Interesse für das Thema Zivildienst abseits der gerade direkt Betroffenen sehr in Grenzen hält, und weil andererseits gerade die großen Kämpferinnen für die Gleichstellung der Frau aus verständlichen Gründen um das Thema Zivildienst einen großen Bogen machen. In jedem anderen Bereich wäre ein lauter (und tonlagenbedingt schriller) Aufschrei die Folge. Ganz abgesehen davon, was daran besonders sozial sein soll, höhere Beihilfen auszuschütten, je mehr jemand (sofern er ein Mann ist) verdient.

Möglicherweise versöhnlicher für die emanzipierte Frau: Es wäre zumindest in diesem Fall entgegen der landläufigen Meinung finanziell günstiger, nicht verheiratet zu sein.

Die eingangs erwähnten guten Ratschläge waren also doch eher gut gemeint. Sie kranken insgesamt alle am Versuch, logisches Denken zugrundezulegen. Dem österreichischen Sozialsystem ist mit Logik (oder gar Gerechtigkeit) nicht beizukommen.

Am Salzamt

Gestern bin ich wieder einmal hinaufgegangen zum Salzamt – angeblich habe ich als Zivildiener Anspruch auf Wohnungsbeihilfe und Familienunterhalt. Bei einem früheren Besuch war ich diesbezüglich – ausgestattet mit allen wahrscheinlich und unwahrscheinlich nötigen Formularen, Dokumenten und Bestätigungen – schon nach kurzer Zeit abgeblitzt. Irgendetwas fehlt im Bedarfsfall immer, damals die nötige Unterschrift meiner Gattin*, mit der sie sich, falls mir eine Beihilfe gewährt würde, damit einverstanden erklärt, diese auf mein (eigentlich: unser gemeinsames) Konto überweisen zu lassen.

Im Amt selbst herrscht eine ganz eigenartige Stimmung. Die Unruhe am Gang, verursacht durch Horden von Migranten mit noch mehr Kindern, die ja, man weiß es aus der einschlägigen Fachpresse, alle nur unser Bestes wollen, nämlich unsere Sozialleistungen, weicht beim Betreten des Büros augenblicklich einer ganz eigenartigen Stille. Alle bewegen sich bedächtig, tippen langsam, sprechen gedämpft, alles hat eine ganz eigenartige Würde.

An meine Rolle als Bittsteller muss ich mich immer noch gewöhnen. Etwas unsicher beim Vorbringen meines Bittgesuchs spreche ich anstelle von "Beihilfe" immer von einer "Förderung". Ein kleiner Fauxpas, den die Beamtin diskret mit einem leicht indignierten Naserümpfen quittiert. Eine kleine Geste, die sie offensichtlich in jahrelanger Routine perfektioniert hat.
Mein nächster Fauxpas ist schwerwiegender: Auf dem Infoblatt "Finanzielle Ansprüche", das jeder Zivildiener bekommt, ist eine Fahrtkostenvergütung für öffentliche Verkehrsmittel angeführt. Ich frage also, wie das funktioniert. Der Gesichtsausdruck der Beamtin ist schon deutlich genervter, gerade dass sie mich nicht auslacht: Nein, also das weiß sie jetzt wirklich nicht!

Beim Hinausgehen verschafft mir ein Blick aufs Türschild quälende Gewissheit: Die Dame ist ausschließlich für Beihilfen Zivildienstleistender zuständig. Am Gang warten unverändert viele Migranten.


* Übrigens schön, dass in diesem geschützten Biotop das Wort Gattin überlebt hat, das zum Aussterben eigentlich viel zu schade ist. Immerhin ist kaum eine direktere und gleichzeitig leidenschaftlichere Bezeichnung denkbar als Gattin, das sich etymologisch direkt vom Begatten herleiten dürfte. Die zu Begattende also.
Wobei mich Irene P. auf den Zusammenhang zur Gattehosen hingewiesen hat, der auch nicht von der Hand zu weisen ist.

Ein netter Zug

Doch, etwas Positives kann auch ich dem Zivildienst abgewinnen: Ich darf gratis Zug fahren. In ganz Österreich. Soviel und wohin ich will. Obwohl ich mir auch da nicht sicher bin, ob ich von etwas Positivem sprechen will. Im Sinne einer Kostenwahrheit: Kann jemand eruieren, wieviel der Staat an die ÖBB zahlt, um jährlich tausende Zivildiener 9 Monate lang gratis Zug fahren zu lassen? Die vergleichbare ÖSTERREICHcard der ÖBB kostet für ein Jahr immerhin € 990.-, für ältere Semester wie mich sogar € 1.690.-

Meine These in diesem Zusammenhang ist, dass das System Zivildienst bei ganzheitlicher Betrachtungsweise zumindest nicht signifikant weniger kostet als ein System, in dem Menschen (und hier übernehme ich einmal mehr bewusst das Konzept geschlechtsneutraler Formulierungen) für freiwillige Arbeit human entlohnt werden. Dies wird in den nächsten Monaten noch konkret mit Zahlen zu belegen sein.

Andererseits würde sich hier wieder einmal eine nachhaltige Möglichkeit ergeben, das Budget zu sanieren, nämlich indem man beispielsweise die Zahlungen der Zivildienstserviceagentur an die ÖBB für zwei Jahre stundet. Moment… habe ich da gerade jemanden auf eine Idee gebracht?